Monday, 25. February 2019
Frankfurt Capadocien
Man stelle sich folgendes vor: In einem Verein, Betreiber eines mittleren Unternehmens, ist der Geschäftsführer des Unternehmens mit nahezu allen Vereinsmitgliedern eng befreundet oder gar verwandt und genießt kritik- und widerspruchslos deren Vertrauen und Unterstützung. Die Vereinscharta erlaubt das Abstimmen mit mehreren Händen und Füßen für anwesende Mitglieder.
Das Unternehmen erhält öffentliche Gelder und geriert sich als Tendenzbetrieb, sodass über deren Verwendung niemand Rechenschaft ablegen muss, auch nicht der Geschäftsführer.
Die auf ca. 800 Personen angewachsene Belegschaft dieses Unternehmen verdient so wenig, dass die meisten an der Basis gut verdienende Partner haben müssen oder gezwungen sind, ergänzend Sozialleistungen beziehen.
Ein Teil der Belegschaft erkämpft mit gewerkschaftlicher Unterstützung Tariflöhne und gruppiert sogar neue Berufe nach ihrer gesellschaftlichen Wertigkeit in das Tarifsystem ein. Jedoch refinanziert der Geschäftsführer diesen Vertrag viel zu spät. Deshalb kürzt er kurzerhand den Tariflohn, den er allen in der Belegschaft zahlt und nicht nur den Gewerkschaftsmitgliedern, womit er aber gerade die Belegschaftsteile an seine Person bindet, die nicht organisiert und ihm daher verpflichtet sind.
Weiterhin kümmert sich der Geschäftsführer zu wenig um ordentliche Refinanzierung und betreibt auch keinerlei Öffentlichkeitsarbeit, abgesehen von vereinsspezifischen begrenzten Aktionen für seine treuen Mitglieder.
Für einen der Betriebsteile, dessen Tätigkeiten von der Stadt sinnfreierweise ausgeschrieben werden, als handele es sich um Bauprojekte und nicht um Soziale Arbeit, lässt der Geschäftsführer sich in einen defizitären Subunternehmervertrag drängen, der letztendlich diesen Teil in die Insolvenz führt. Er erhält das Vertrauen des Gerichts für ein so genanntes Schutzschirmverfahren, eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Statt sich auf höchster politischer Ebene gegen Ausschreibungen und Subunternehmervertrag gewehrt zu haben, gemeinsam mit anderen Unternehmen der Branche, zwingt der Geschäftsführer die Belegschaft dieses Betriebsteils mithilfe einer Insolvenzverwalterin als anwaltliche Beratung in den Lohnverzicht, obwohl diese Personengruppe bisher ohnehin keinen Tariflohn erhalten hatten und den Mitarbeiterinnen mit Inkrafttreten des Tarifvertrags sogar noch lohnwirksame Privilegien gestrichen worden waren, sodass sie teilweise schlechter gestellt waren als vor dessen vermeintlicher Umsetzung. Aus Angst um ihre Arbeitsplätze stimmt die Mehrheit der verbliebenen Mitarbeiterinnen dieses Betriebsteils praktisch dauerhaft einer Absenkung ihres Lohns zu.
Im anderen Teil, dem mit der gewerkschaftlich nicht verhandelten willkürlichen Absenkung des Tariflohns, hat der Geschäftsführer auf viel Druck durch einige in der Belegschaft, durch die Gewerkschaft und sogar durch öffentlichen Druck endlich eine passende Refinanzierung ausgehandelt, just als im vorher genannten Teil der Schutzschirm aufgespannt wurde.
Da die Insolvenz in jenem Betriebsteil so gut geklappt hatte, weil die Mitarbeiterinnen sich kaum gewehrt hatten, hält der Geschäftsführer es offenbar für eine grandiose Idee, mit einem Schlag ein paar Dutzend Tariflohnforderungen von etwa einem Fünftel der Belegschaft des größten Unternehmensteils zusammen mit deren extrem hoher Anzahl auszuzahlender Mehrarbeitsstunden loszuwerden, und meldet auch hier Insolvenz an.
Mit anderen Worten: Der Geschäftsführer erhält öffentliche Gelder, über deren Verwendung er keine Rechenschaft ablegen muss, dann, in den drei ersten Insolvenzmonaten, erhält er öffentliche Gelder, von denen er keine Gehälter auszahlen muss, weil dies im Verfahren von der Arbeitsagentur übernommen wird. Und anschließend, ohne dass strukturelle Änderungen stattfinden, erhält der Geschäftsführer wieder öffentliche Gelder, um so weiterzumachen wie bisher. Es ging ihm ja auch nicht um Umstrukturierung, die bei refinanzierter sozialer Arbeit ohnehin nicht möglich ist, sondern um das insolvenzrechtlich geschützte Abschütteln von Forderungen der Belegschaft. Dafür hat er einschlägige juristische Berater.
Das wiederum bedeutet, wo vorher berechtigte, und von den Gerichten bereits stattgegebene Lohnklagen von ihm für viel Geld in die jeweils nächste Instanz getrieben wurden, häufen sich von nun an bedrohlich die Beratungs- und Insolvenzkosten.
Durch einen organisatorischen Fehler im Bereich der Liquidität, durch mangelhafte Refinanzierung von Dienstausfällen und die hohen Beratungskosten sowie durch mangelnde personelle Auslastung, die der Geschäftsführer nicht mal ausreichend überwacht, gerät das Unternehmen in der mehrere Jahre andauernden Insolvenz, wohlbemerkt auch wieder vom Gericht als Eigenverwaltung genehmigt, erneut in eine Liquiditätskrise, die, wegen offenbar falscher Zahlen von den Beratern zu spät bemerkt, nur wieder zu zumindest temporären Lohneinbußen bei der Belegschaft dieses Betriebsteils führen. Zumal erst durch eine externe Wirtschaftsprüfung der Druck entsteht, nach Ursachen für die Krise in der Krise zu suchen.
Neben den enorm angestiegenen Beratungskosten und der mangelnder Refinanzierung struktureller Probleme stellt sich zum Beispiel jetzt erst heraus, dass eine fehlerhafte Dienstplanung und die zuvor nicht vollzogene Evaluation derselben sowie der dazugehörigen Betriebsvereinbarungen zu der schlechten Auslastung geführt hat, sodass ein Teil der Belegschaft viele Minusstunden sammelte, weil sie nicht vertragsgerecht eingesetzt wurde oder werden konnte, während der andere Teil die anfallende Arbeit durch Mehrarbeit auffing. Da letztere diese Mehrarbeit jahrelang nicht ausbezahlt bekommen hatten, fiel dies offenbar niemandem von den Verantwortlichen auf, schon gar nicht dem Geschäftsführer.
Der organisatorische Fehler hingegen führte dazu, dass eine Bank aktuelle Refinanzierungsgelder des Unternehmens, die ihr durch diesen Fehler zugeflossen waren, kurzerhand konfiszierte und so einer möglichen Insolvenz in der Insolvenz mit auf den Weg half.
Mit der Wirtschaftsprüfung, beauftragt durch die Kreditoren, wurde dies alles deutlich, und statt dass sie Verantwortlichen ihren berühmten Hut nehmen mussten, setzen die Prüfer wieder bei der Belegschaft an und begannen, einzelne davon mit Auflösungsverträgen und anderen Nettigkeiten zu drangsalieren.
Den Betriebsrat des Unternehmens setzten die Prüfer unter Druck, auf Mitbestimmungsrechte zu verzichten und verlangten die bedingungslose Zustimmung zur vollkommenen Flexibilisierung der Mitarbeiterinnen.
Diese sollten nicht nur Lohnteile stunden, sondern auch rund um die Uhr einsatzverpflichtet werden und für fehlerhafte Dienstplanung verantwortlich sein, obwohl sie darauf kaum irgendeinen Einfluss hatten. Darüber hinaus sollten Dienstausfälle gesetzeswidrig zu ihrem Lasten gehen.
Als der Betriebsrat die Sinnhaftigkeit einzelner Maßnahmen belegt haben wollte und angab, gesetzlich verankert gar nicht auf seine Mitbestimmung verzichten zu können, darüber hinaus aber bat, in konstruktiver Zusammenarbeit an neuer Planung und der Evaluation der Betriebsvereinbarungen beteiligt zu werden, weil er ohne Nachweis der Notwendigkeit auf Forderungen nicht eingehen könne, war für die Wirtschaftsprüfer die Demagogie des Gremiums evident.
Der Geschäftsführer hingegen wusch von nun an seine Hände in Unschuld, verwies bei allen Schieflagen auf die Prüfer und kümmerte sich fortan vorwiegend um Dinge feinerer Natur wie zum Beispiel das Anzweifeln von Betriebsratsarbeitsstunden.
Schließlich drohte wegen der mangelnden Liquidität eine Masseunzulänglichkeit, woraufhin die Gewerkschaft und die Mitglieder im Betrieb sowohl einer Lohnstundung als auch Entlassungen und Schließung von Betriebsteilen zustimmen sollte.
Erfunden? Dies würde wohl dann offenkundig werden, wenn eine Geschäftsführung gegen diese Darstellung klagen würde. Wir dürfen gespannt sein.
(C) 2019
Das Unternehmen erhält öffentliche Gelder und geriert sich als Tendenzbetrieb, sodass über deren Verwendung niemand Rechenschaft ablegen muss, auch nicht der Geschäftsführer.
Die auf ca. 800 Personen angewachsene Belegschaft dieses Unternehmen verdient so wenig, dass die meisten an der Basis gut verdienende Partner haben müssen oder gezwungen sind, ergänzend Sozialleistungen beziehen.
Ein Teil der Belegschaft erkämpft mit gewerkschaftlicher Unterstützung Tariflöhne und gruppiert sogar neue Berufe nach ihrer gesellschaftlichen Wertigkeit in das Tarifsystem ein. Jedoch refinanziert der Geschäftsführer diesen Vertrag viel zu spät. Deshalb kürzt er kurzerhand den Tariflohn, den er allen in der Belegschaft zahlt und nicht nur den Gewerkschaftsmitgliedern, womit er aber gerade die Belegschaftsteile an seine Person bindet, die nicht organisiert und ihm daher verpflichtet sind.
Weiterhin kümmert sich der Geschäftsführer zu wenig um ordentliche Refinanzierung und betreibt auch keinerlei Öffentlichkeitsarbeit, abgesehen von vereinsspezifischen begrenzten Aktionen für seine treuen Mitglieder.
Für einen der Betriebsteile, dessen Tätigkeiten von der Stadt sinnfreierweise ausgeschrieben werden, als handele es sich um Bauprojekte und nicht um Soziale Arbeit, lässt der Geschäftsführer sich in einen defizitären Subunternehmervertrag drängen, der letztendlich diesen Teil in die Insolvenz führt. Er erhält das Vertrauen des Gerichts für ein so genanntes Schutzschirmverfahren, eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Statt sich auf höchster politischer Ebene gegen Ausschreibungen und Subunternehmervertrag gewehrt zu haben, gemeinsam mit anderen Unternehmen der Branche, zwingt der Geschäftsführer die Belegschaft dieses Betriebsteils mithilfe einer Insolvenzverwalterin als anwaltliche Beratung in den Lohnverzicht, obwohl diese Personengruppe bisher ohnehin keinen Tariflohn erhalten hatten und den Mitarbeiterinnen mit Inkrafttreten des Tarifvertrags sogar noch lohnwirksame Privilegien gestrichen worden waren, sodass sie teilweise schlechter gestellt waren als vor dessen vermeintlicher Umsetzung. Aus Angst um ihre Arbeitsplätze stimmt die Mehrheit der verbliebenen Mitarbeiterinnen dieses Betriebsteils praktisch dauerhaft einer Absenkung ihres Lohns zu.
Im anderen Teil, dem mit der gewerkschaftlich nicht verhandelten willkürlichen Absenkung des Tariflohns, hat der Geschäftsführer auf viel Druck durch einige in der Belegschaft, durch die Gewerkschaft und sogar durch öffentlichen Druck endlich eine passende Refinanzierung ausgehandelt, just als im vorher genannten Teil der Schutzschirm aufgespannt wurde.
Da die Insolvenz in jenem Betriebsteil so gut geklappt hatte, weil die Mitarbeiterinnen sich kaum gewehrt hatten, hält der Geschäftsführer es offenbar für eine grandiose Idee, mit einem Schlag ein paar Dutzend Tariflohnforderungen von etwa einem Fünftel der Belegschaft des größten Unternehmensteils zusammen mit deren extrem hoher Anzahl auszuzahlender Mehrarbeitsstunden loszuwerden, und meldet auch hier Insolvenz an.
Mit anderen Worten: Der Geschäftsführer erhält öffentliche Gelder, über deren Verwendung er keine Rechenschaft ablegen muss, dann, in den drei ersten Insolvenzmonaten, erhält er öffentliche Gelder, von denen er keine Gehälter auszahlen muss, weil dies im Verfahren von der Arbeitsagentur übernommen wird. Und anschließend, ohne dass strukturelle Änderungen stattfinden, erhält der Geschäftsführer wieder öffentliche Gelder, um so weiterzumachen wie bisher. Es ging ihm ja auch nicht um Umstrukturierung, die bei refinanzierter sozialer Arbeit ohnehin nicht möglich ist, sondern um das insolvenzrechtlich geschützte Abschütteln von Forderungen der Belegschaft. Dafür hat er einschlägige juristische Berater.
Das wiederum bedeutet, wo vorher berechtigte, und von den Gerichten bereits stattgegebene Lohnklagen von ihm für viel Geld in die jeweils nächste Instanz getrieben wurden, häufen sich von nun an bedrohlich die Beratungs- und Insolvenzkosten.
Durch einen organisatorischen Fehler im Bereich der Liquidität, durch mangelhafte Refinanzierung von Dienstausfällen und die hohen Beratungskosten sowie durch mangelnde personelle Auslastung, die der Geschäftsführer nicht mal ausreichend überwacht, gerät das Unternehmen in der mehrere Jahre andauernden Insolvenz, wohlbemerkt auch wieder vom Gericht als Eigenverwaltung genehmigt, erneut in eine Liquiditätskrise, die, wegen offenbar falscher Zahlen von den Beratern zu spät bemerkt, nur wieder zu zumindest temporären Lohneinbußen bei der Belegschaft dieses Betriebsteils führen. Zumal erst durch eine externe Wirtschaftsprüfung der Druck entsteht, nach Ursachen für die Krise in der Krise zu suchen.
Neben den enorm angestiegenen Beratungskosten und der mangelnder Refinanzierung struktureller Probleme stellt sich zum Beispiel jetzt erst heraus, dass eine fehlerhafte Dienstplanung und die zuvor nicht vollzogene Evaluation derselben sowie der dazugehörigen Betriebsvereinbarungen zu der schlechten Auslastung geführt hat, sodass ein Teil der Belegschaft viele Minusstunden sammelte, weil sie nicht vertragsgerecht eingesetzt wurde oder werden konnte, während der andere Teil die anfallende Arbeit durch Mehrarbeit auffing. Da letztere diese Mehrarbeit jahrelang nicht ausbezahlt bekommen hatten, fiel dies offenbar niemandem von den Verantwortlichen auf, schon gar nicht dem Geschäftsführer.
Der organisatorische Fehler hingegen führte dazu, dass eine Bank aktuelle Refinanzierungsgelder des Unternehmens, die ihr durch diesen Fehler zugeflossen waren, kurzerhand konfiszierte und so einer möglichen Insolvenz in der Insolvenz mit auf den Weg half.
Mit der Wirtschaftsprüfung, beauftragt durch die Kreditoren, wurde dies alles deutlich, und statt dass sie Verantwortlichen ihren berühmten Hut nehmen mussten, setzen die Prüfer wieder bei der Belegschaft an und begannen, einzelne davon mit Auflösungsverträgen und anderen Nettigkeiten zu drangsalieren.
Den Betriebsrat des Unternehmens setzten die Prüfer unter Druck, auf Mitbestimmungsrechte zu verzichten und verlangten die bedingungslose Zustimmung zur vollkommenen Flexibilisierung der Mitarbeiterinnen.
Diese sollten nicht nur Lohnteile stunden, sondern auch rund um die Uhr einsatzverpflichtet werden und für fehlerhafte Dienstplanung verantwortlich sein, obwohl sie darauf kaum irgendeinen Einfluss hatten. Darüber hinaus sollten Dienstausfälle gesetzeswidrig zu ihrem Lasten gehen.
Als der Betriebsrat die Sinnhaftigkeit einzelner Maßnahmen belegt haben wollte und angab, gesetzlich verankert gar nicht auf seine Mitbestimmung verzichten zu können, darüber hinaus aber bat, in konstruktiver Zusammenarbeit an neuer Planung und der Evaluation der Betriebsvereinbarungen beteiligt zu werden, weil er ohne Nachweis der Notwendigkeit auf Forderungen nicht eingehen könne, war für die Wirtschaftsprüfer die Demagogie des Gremiums evident.
Der Geschäftsführer hingegen wusch von nun an seine Hände in Unschuld, verwies bei allen Schieflagen auf die Prüfer und kümmerte sich fortan vorwiegend um Dinge feinerer Natur wie zum Beispiel das Anzweifeln von Betriebsratsarbeitsstunden.
Schließlich drohte wegen der mangelnden Liquidität eine Masseunzulänglichkeit, woraufhin die Gewerkschaft und die Mitglieder im Betrieb sowohl einer Lohnstundung als auch Entlassungen und Schließung von Betriebsteilen zustimmen sollte.
Erfunden? Dies würde wohl dann offenkundig werden, wenn eine Geschäftsführung gegen diese Darstellung klagen würde. Wir dürfen gespannt sein.
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