Sunday, July 29. 2018
Bin das nur ich?
Reisen dienen sprichwörtlich dem Erleben. In vielerlei Hinsicht zwingen sie aber auch zum Ertragen. Im Zug, im so genannten Großraum, auf jeden Fall letzteres. Oder bin das nur ich, die das so sieht?
Groß bezieht sich, zumindest in Klasse 2 (wer sagt, dass das System abgeschafft sei), nur auf den Wagen als solches, nicht auf den Raum, der jedem Reisenden zur Verfügung steht. So rückt man zwangsläufig näher zu einander, selbst über mehrere Sitzplätze hinweg. Selbstredend ist man daher auf die Rücksicht der Mitreisenden in dieser Zwangsgemeinschaft angewiesen.
Sofern man zum Vergnügen reist, ist das Ertragen weniger vordergründig. Doch auch im entspannten Modus ist ein neben einem sitzender, niesender und geräuschvoll Nase hochziehender Jung-Jugendlicher ein Nachbar, den man sich nicht bedingungslos wünscht. Immer noch besser allerdings als ein weit älteres Semester, das in seinen weitläufigen Nasenlöchern fündig wird und neben beachtlichen Nasenhaaren auch anderes Unheilvolles zu Tage fördert. Dass man dabei immer wieder auf Personen stößt, die die gräuliche Masse dann genüsslich verspeisen, kann einem schon jeglichen Appetit versauen.
Dann sind da noch die Menschen, die, kaum dass sie eingestiegen sind und einen Platz gefunden haben, einen Lebensmittelvorrat auspacken, mit dem man eine Schulklasse in die Pause schicken könnte. Selbst machen diese zwanghaften wirkenden Reisegourmets jedoch keine Pause und kauen sich keuchend ihrem nächsten Zielort zu, wobei der Geruch all ihrer deftigen Speisen den Großraum bis in den letzten Winkel füllt. Das muss man erst mal verdauen. Wer allerdings hungrig eingestiegen ist und selbst nichts mit hat, mag sich in dem Moment einen Popelfresser wünschen.
Wenigstens bleibt man in ICEs von Fußball als Rechtfertigung nutzenden Trinkern und Armeeangehörigen, deren Rechtfertigung jobmäßig gegeben scheint, verschont. Die wenigen, die ihre Sylt- oder Mallorca-Party vom Flieger auf die Bahn verlegen, fallen unter den Fressern nicht weiter auf oder präsentieren sich sogar in Kombination.
Schreiende Kinder, deren nervöse Eltern mit ihren Beschwichtigungsversuchen genau das Gegenteil erreichen, sind auch Standard im Großraum. Hier helfen Ohrstöpsel leider gar nicht, sonst verpasst man womöglich wichtige Ansagen des Zugpersonals wie dass der Speisewagen geschlossen ist oder der Zug mal wieder Verspätung hat und der Anschluss leider nicht warten kann.
Zumal es geradezu engstirnig ist, sich vom unsäglichen Schmerz eines solch brüllenden Kindes abzuwenden. Will es spielen? Keine Chance im Zug. Mal aufstehen und herumlaufen? Die Mutter traut sich nicht, ihren Platz zu verlassen. Das Kind alleine rumlaufen lassen? Von der Irritation in den Blicken der Mitreisenden über Kopfschütteln hinter Buchdeckeln bis zu massiven verbalen Beschwerden ist auch alles an niedrigen Instinkten denkbar. Keine Alternative also. So sitzt die errötete Mutter, angestrengt bis gestresst, hilflos da und beschwichtigt erfolglos weiter.
Da ist einem womöglich auch nach Brüllen, wenn dann, bei Gluthitze und ausgefallener Klimaanlage, das Notwasser ausgegangen ist, die Schaffnerin stattdessen aber das Ticket sehen will und dann bitte auch noch den Ausweis, Macht ist schließlich Macht. Für die technischen Defekte kann sie schließlich nichts. Aber sie könnte der Mutter mit brüllendem Kind ein leeres Abteil geben, eigens für Kinder, Spielzeug inklusive. Soll es geben im ICE, gesehen habe ich allerdings noch nie eins. Wieder ein Klassenproblem womöglich?
Gepäck ist auch so eine Sache in neuen Zügen. Denn die vormals Gepäckstücke bremsenden Gitter wurden durch eine im Großraum viel zu kleine, glatte Fläche ersetzt, die der Trägheit der erwähnten Gewichtsbomben nicht zuträglich ist. Zumal das Hochwuchten derselben an heißen Tagen immer wieder schweißige Achselhöhlen in direkte Nasennähe Sitzender bringt.
Apropos Gerüche. Das Identifizieren urplötzlich auftretender, seltsamer schwefeliger Ausdünstungen kann höchstens auf den Herrn der Hölle zurückgeführt werden, in der man sich gerade befindet, nicht jedoch auf den Verursacher, der im Großraum tatsächlich noch am besten aufgehoben ist.
Wie man allerdings bei all dem eine wissenschaftliche Arbeit am Notebook verfassen kann, ist mir völlig schleierhaft, dennoch sind die Tischplätze im Großraum mit solch wissenschaftlichen Schreiberlingen übersät.
Das konstante Tippgeräusch hat wenigstens den Vorteil, dass es einen so schläfrig macht, dass man einnickt, was, steifen Nacken als Folge in Kauf genommen, noch die humanste Art des Reisens ist. Vorsicht: Mobilen Wecker stellen!
© 2018
Groß bezieht sich, zumindest in Klasse 2 (wer sagt, dass das System abgeschafft sei), nur auf den Wagen als solches, nicht auf den Raum, der jedem Reisenden zur Verfügung steht. So rückt man zwangsläufig näher zu einander, selbst über mehrere Sitzplätze hinweg. Selbstredend ist man daher auf die Rücksicht der Mitreisenden in dieser Zwangsgemeinschaft angewiesen.
Sofern man zum Vergnügen reist, ist das Ertragen weniger vordergründig. Doch auch im entspannten Modus ist ein neben einem sitzender, niesender und geräuschvoll Nase hochziehender Jung-Jugendlicher ein Nachbar, den man sich nicht bedingungslos wünscht. Immer noch besser allerdings als ein weit älteres Semester, das in seinen weitläufigen Nasenlöchern fündig wird und neben beachtlichen Nasenhaaren auch anderes Unheilvolles zu Tage fördert. Dass man dabei immer wieder auf Personen stößt, die die gräuliche Masse dann genüsslich verspeisen, kann einem schon jeglichen Appetit versauen.
Dann sind da noch die Menschen, die, kaum dass sie eingestiegen sind und einen Platz gefunden haben, einen Lebensmittelvorrat auspacken, mit dem man eine Schulklasse in die Pause schicken könnte. Selbst machen diese zwanghaften wirkenden Reisegourmets jedoch keine Pause und kauen sich keuchend ihrem nächsten Zielort zu, wobei der Geruch all ihrer deftigen Speisen den Großraum bis in den letzten Winkel füllt. Das muss man erst mal verdauen. Wer allerdings hungrig eingestiegen ist und selbst nichts mit hat, mag sich in dem Moment einen Popelfresser wünschen.
Wenigstens bleibt man in ICEs von Fußball als Rechtfertigung nutzenden Trinkern und Armeeangehörigen, deren Rechtfertigung jobmäßig gegeben scheint, verschont. Die wenigen, die ihre Sylt- oder Mallorca-Party vom Flieger auf die Bahn verlegen, fallen unter den Fressern nicht weiter auf oder präsentieren sich sogar in Kombination.
Schreiende Kinder, deren nervöse Eltern mit ihren Beschwichtigungsversuchen genau das Gegenteil erreichen, sind auch Standard im Großraum. Hier helfen Ohrstöpsel leider gar nicht, sonst verpasst man womöglich wichtige Ansagen des Zugpersonals wie dass der Speisewagen geschlossen ist oder der Zug mal wieder Verspätung hat und der Anschluss leider nicht warten kann.
Zumal es geradezu engstirnig ist, sich vom unsäglichen Schmerz eines solch brüllenden Kindes abzuwenden. Will es spielen? Keine Chance im Zug. Mal aufstehen und herumlaufen? Die Mutter traut sich nicht, ihren Platz zu verlassen. Das Kind alleine rumlaufen lassen? Von der Irritation in den Blicken der Mitreisenden über Kopfschütteln hinter Buchdeckeln bis zu massiven verbalen Beschwerden ist auch alles an niedrigen Instinkten denkbar. Keine Alternative also. So sitzt die errötete Mutter, angestrengt bis gestresst, hilflos da und beschwichtigt erfolglos weiter.
Da ist einem womöglich auch nach Brüllen, wenn dann, bei Gluthitze und ausgefallener Klimaanlage, das Notwasser ausgegangen ist, die Schaffnerin stattdessen aber das Ticket sehen will und dann bitte auch noch den Ausweis, Macht ist schließlich Macht. Für die technischen Defekte kann sie schließlich nichts. Aber sie könnte der Mutter mit brüllendem Kind ein leeres Abteil geben, eigens für Kinder, Spielzeug inklusive. Soll es geben im ICE, gesehen habe ich allerdings noch nie eins. Wieder ein Klassenproblem womöglich?
Gepäck ist auch so eine Sache in neuen Zügen. Denn die vormals Gepäckstücke bremsenden Gitter wurden durch eine im Großraum viel zu kleine, glatte Fläche ersetzt, die der Trägheit der erwähnten Gewichtsbomben nicht zuträglich ist. Zumal das Hochwuchten derselben an heißen Tagen immer wieder schweißige Achselhöhlen in direkte Nasennähe Sitzender bringt.
Apropos Gerüche. Das Identifizieren urplötzlich auftretender, seltsamer schwefeliger Ausdünstungen kann höchstens auf den Herrn der Hölle zurückgeführt werden, in der man sich gerade befindet, nicht jedoch auf den Verursacher, der im Großraum tatsächlich noch am besten aufgehoben ist.
Wie man allerdings bei all dem eine wissenschaftliche Arbeit am Notebook verfassen kann, ist mir völlig schleierhaft, dennoch sind die Tischplätze im Großraum mit solch wissenschaftlichen Schreiberlingen übersät.
Das konstante Tippgeräusch hat wenigstens den Vorteil, dass es einen so schläfrig macht, dass man einnickt, was, steifen Nacken als Folge in Kauf genommen, noch die humanste Art des Reisens ist. Vorsicht: Mobilen Wecker stellen!
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