Es hat mich schon immer verwundert, warum in der Geschäftswelt Menschen, die beileibe nicht dumm sind, Dinge tun, die anderen Menschen schaden, ohne dabei die geringsten Skrupel zu haben. Insbesondere hat mich dies bewegt, weil ich stets davon überzeugt war, dass Bildung die Lösung unserer Probleme als Menschheit darstellt. Wer um die Probleme anderer weiß, kann doch nicht ernsthaft schlechtes Verhalten rechtfertigen, dachte ich mir. Ein Beweis dafür war, dass selbst Tyrannen seit jeher durch Lügen, Verschweigen und Tatsachenverdrehungen ihr Handeln zu rechtfertigen suchten. Sie mussten also wissen, dass ihr Handeln kritisch gesehen würde. Wie nun also in der Geschäftswelt?
Dort, wo es um Geld geht, so lehrt uns die Philosophie, ist nicht Weisheit gefragt, nicht Klugheit, sondern Schläue. Man muss keine tiefgreifenden Erkenntnisse gewinnen oder die Welt als Ganzes verstehen, man muss mit Kniffen und Tricks und mit der Bereitschaft, Risiken einzugehen, seine Gegner übertrumpfen, um als Einzelmensch oder Institution das zu gewinnen, das eigentlich mehreren gehören sollte. Auch Empathie ist hier also nicht gefragt. Das ist wohl der Grund, warum gerade in sozialen Berufen, wo es eigentlich um Empathie gehen soll und um die Schaffung oder Erhaltung eines Miteinanders, die meisten Arbeitskräfte um einen gerechten Lohn betrogen werden.
Letztere mögen mehr Verständnis vom Leben und von der Welt besitzen als ihre Chefs und Refinanzierer. Sie mögen, weil sie an der Basis, nämlich am Menschen arbeiten, mehr Empathie besitzen als alle Vorgesetzten dieser Welt hinter ihren Schreibtischen. Nur das nützt diesen Helden und Weisen der Arbeitswelt nichts. Sie werden sich nicht oder nur selten der Fähigkeiten ihrer Gegner bedienen können, denn nicht nur verfügen sie nicht über deren Schläue, die mehr mit Skrupellosigkeit als mit Fachwissen zu tun hat, sie haben auch kein Verständnis dafür, dass ihre Sicht der Welt bei den Überlegungen der Chefs und Refinanzierer gar keine Rolle spielt. Sprich: sie argumentieren, wenn sie sich überhaupt für ihre Rechte einsetzen, auf einer vollkommen anderen Ebene. Mag sein, dass die Erkenntnis der Mächtigen, also das Verstehen dieser Ebene, folgen mag, sobald diese selbst Dienstleistungen aus sozialer Arbeit bedürfen, dann wäre es aber leider zu spät für die Beteiligten. Was diese Haltung der wenigen gegenüber vielen für uns alle, sowohl für die Unterlegenen, als auch für die für den Moment triumphierenden Sieger, ja, für die gesamte Menschheit, bedeutet, mag allein die Philosophie erfassen. Ganz nach der Einschätzung Georg Simmels geht es jedenfalls einzig um allein um Quantität, nicht um Qualität, wenn es um Geld geht.
Auf den ersten Blick mag es nun so aussehen, als seien diese meine Worte ein Appell an die betrogenen Arbeitskräfte. Um es quantitativ zu beantworten: Nicht im Mindesten.
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