"Das gibt's überhaupt gar nicht!" sagte Ben. "Niemand kann zaubern!"
"OK", sagte ich und hielt Can seinen Stab hin, der ihn eingehend betrachtete. "Auf jeden Fall ist es sauschwer!"
"Was muss man denn machen?" wollte Hülya wissen und beobachtete Can, der jetzt mit Efeuschlingen Moos an einem Ende des Stabes befestigte.
"Das musst du ausprobieren", sagte ich. "Du musst erst mal fühlen, ob es der richtige Zauberstab für dich ist."
"Wie denn?", wollte Can wissen.
"Also ich hab immer die Augen zugemacht und ihn einfach nur fest gehalten. Und dann hab ich's gefühlt. Dass er zu mir gehört, meine ich."
Can schloss sofort die Augen und hielt den Stab fest umklammert.
"Und?" wollte Hülya wissen.
Can zuckte die Achseln. Kein Ahnung, sollte das heißen.
"Es gibt keine echten Zauberstäbe!" bestätigte Ben.
"Man muss sich drauf einlassen", erklärte ich ihm.
"Heißt das, dass man einfach glauben muss, dass es klappt?" fragte Ben zweifelnd.
Ich nickte.
"Aber so einfach ist das nicht!" gab ich zu. "Man muss ganz klein anfangen!"
"Klein anfangen?" fragte Hülya.
"Dass es nicht regnet, wenn wir heimfahren?" fragte Can.
"Das ist schon ein ziemlich großer Zauber", sagte ich. "Musst du einfach ausprobieren!"
Ich hab ihnen nicht erzählt, dass ich auch mal so einen Stab hatte. Von meinem besten Freund war der. Ein Geschenk. Dieser Stab hatte ganz schön lange in einer Ecke gestanden, weil das Zaubern üben so anstrengend war, dass wir irgendwann keine Lust mehr hatten.
Und dann hatten wir uns gestritten, mein bester Freund und ich, ziemlich doll sogar. So doll, dass wir gar keine Freunde mehr waren.
Und wie der der Stab so Tag für Tag in seiner Ecke stand, fühlte es sich mit einem Mal so an, als ob er mich immerzu anschaute, obwohl er gar keine Augen hatte. Eines Tages dann hab ich ihn angefasst. Und gefühlt, dass er zu mir gehörte.
Ich hab dann gemerkt, dass es gar nicht mehr um den Stab ging oder ums Zaubern, was ich da fühlte, sondern um meinen besten Freund. Ich hab ihn nämlich ziemlich doll vermisst und dachte, dass es ganz egal wäre, worüber wir gestritten hatten, denn wenn wir wirklich Freunde waren, dann gehörten wir doch immer noch zusammen. Echte Freunde sind schließlich für immer.
Deshalb hab ich da gestanden und den Stab festgehalten und mir vorgestellt, dass ich meinen Freund herbei zaubere, einfach so. Und dass wir einfach so wieder Freunde sind.
Und da, ganz ehrlich, hat's plötzlich bei uns geklingelt und niemand anderer als mein bester Freund stand vor der Tür.
Man kann also auch ganz große Sachen zaubern. Man muss es einfach ausprobieren. An dem Tag hat es übrigens auf dem Heimweg wirklich nicht geregnet.